Der Journalist Mühling (Redakteur beim Tagesspiegel in Berlin), hat für seine literarische Reportage von Galizien im Westen über Kiew bis nach Donezk im Osten kleine Geschichten über die Ukraine und ihre Bewohner gesammelt und selbst erlebt. Über ein Land, das ein unabhängiger Staat sein will, aber gleichzeitig, je nachdem, wen man fragt, auch ein Teil Russlands oder Europas sein möchte (aktuell vielleicht „wollte“).
Die Erde der Ukraine, laut vielen Aussagen eine der fruchtbarsten der Welt, steht zugleich aber auch für den verbrannten Boden, den vergangene und aktuelle Kriege und Konflikte bis heute auf dem Territorium der Ukraine hinterlassen.
Thema des Buches ist die Zerrissenheit der Region, der sich der Autor annähert. Seine Berichte sind kritisch und besorgt: In Lwiw besucht er ein Waffenlager der Nationalisten in einer Bar. In Berdytschiw erzählt die Geschichte eines Rassenkundlers, der in der Gegend nach Volksdeutschen suchte. In der Nähe von Kiew besichtigt er das bizarre Anwesen des Ex-Präsidenten Janukowitsch, inklusive Salzgrotte, eigenem Jagdrevier und Jachthafen. Einmal wird er verhaftet. Beunruhigend sind Antisemitismus, Verschwörungstheorien und faschistische Weltsichten, die ihm immer wieder erzählt werden.
Jede der Geschichten, von denen jede einen Teil des Landes präsentiert, steht für sich selbst. Das Buch erschien im Jahr 2016 und ist trotz der aktuellen Entwicklung und des Krieges durch den Aggressor Russland umso interessanter zu lesen.
Eines sollte heutzutage jedem klar sein: Die Ukraine von damals ist nicht mehr die von morgen. Ich persönlich denke, dass Russland durch diesen Überfall und Krieg jegliche Chance ausgemerzt hat, sich der Ukraine in naher Zukunft anzunähern. Gab es, von russischer Seite, in der Vergangenheit die Befürchtung, dass die Ukraine russische Minderheiten samt ihrer Kultur und Sprache unterdrückt, ist davon auszugehen, dass die Menschen die russische Kultur aus ihrem Umfeld selbst verbannen werden.
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